Volkskrankheit chronische Schmerzen

chronische Schmerzen
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Wenn Schmerzen länger als sechs Monate anhalten, spricht man von chronischen Schmerzen. Manche Ärzte sehen diesen Zustand bereits nach drei Monaten erreicht. Wie verbreitet dieses Leiden inzwischen ist und welche Probleme es bei der Behandlung gibt, erfahren Sie hier.

Eine Studie zeigt, dass rund 20 Prozent aller Europäer chronische Schmerzen haben – und sich mit ihrem Leiden von Medizinern alleine gelassen fühlen. Vor allem praktische Ärzte kümmern sich nach Angaben der Befragten zu wenig um das Problem der dauerhaften Schmerzen. Die Folge: Viele der chronisch Geplagten setzen auf Selbstmedikation. Wie aus der Studie hervorgeht, beeinträchtigen chronische Schmerzen nicht nur das körperliche Wohl: 40 Prozent der Probanden sagten, ihre tägliche Routine sei durch das Leiden stark negativ beeinflusst und auch das Sozialleben leide.

Veränderungen im Schmerzempfinden

Die Einstellung zu Schmerzen hat sich im Laufe der letzten Jahrhunderte entscheidend gewandelt. Während im Mittelalter das Ertragen von Schmerzen oft als Nähe zum Schicksal Jesus Christi erlebt und vom Umfeld gewürdigt wurde und somit das Erdulden von Schmerzen eine ehrenvolle und von Gott auferlegte Bürde war, änderte sich diese Ansicht im Rahmen der Aufklärung und der folgenden Jahrhunderte bis hin zur heutigen Einstellung. Heute herrscht die Einstellung vor, dass Schmerzen, die über ein gewisses Maß hinausgehen und die vor allen Dingen einen gewissen zeitlichen Rahmen überschreiten, eine Art Fehlfunktion des menschlichen Nervensystems und damit eine zu korrigierende Krankheit darstellen.

Die Behandlung akuter Schmerzen stellt heute ein gut beherrschbares Problem dar, da die zur Verfügung stehenden Schmerzmedikamente in der Regel gut wirksam sind. Bei sehr starken Schmerzen, wie beispielsweise nach einer Operation, kommen häufig auch morphinähnliche Medikamente erfolgreich zum Einsatz.

Ein Problem stellen hingegen chronische Schmerzen dar. Doch wie definieren sich diese Schmerzen überhaupt? Die „Internationalen Gesellschaft zum Studium von Schmerzen“ (IASP) folgende Definition für den Begriff Schmerzen festgelegt:

„Schmerzen sind ein unangenehmes Sinnes- oder Gefühlserlebnis, das mit aktuellen oder potentiellen Gewebsschädigungen verknüpft ist oder mit Begriffen solcher Schädigungen beschrieben wird.“ Diese Definition berücksichtigt die Beobachtung, dass es bei chronischen Schmerzen häufig zu einer Entkopplung der Schmerzen von der Gewebsschädigung kommt bzw. es keine nachweisbare primäre Gewebsschädigung gibt. Neuere Daten weisen darauf hin, dass rund 12 Millionen Bundesbürger in ihrem Leben zumindest vorübergehend unter einer Schmerzstörung leiden.

Die Schmerzstörung

Was Schmerzen sind, kann man sich nun also vorstellen – was aber ist unter einer Störung zu verstehen? Der Begriff Störung soll einen beobachtbaren Komplex von Symptomen oder Verhaltensauffälligkeiten anzeigen, der immer auf der individuellen und oft auch auf der zwischenmenschlich-sozialen Ebene mit Belastung und Beeinträchtigung von Funktionen verbunden ist. Dominieren medizinisch unerklärbare, chronische Schmerzen das klinische Bild eines Patienten, so wird ihnen innerhalb der Gruppe der Störungen ein eigener diagnostischer Status als Schmerzstörung zugeteilt. Die Bezeichnung Schmerzstörungen dient also als Oberbegriff für eine Gruppe von Personen, bei denen medizinisch unklare körperliche Symptome im Vordergrund der klinischen Symptomatik stehen.

Wie können chronische Schmerzen behandelt werden?

Die Behandlung chronischer Schmerzen wirft auch heute noch erhebliche diagnostische, sozialmedizinische und therapeutische Probleme auf. Typisch ist auf körperlicher Ebene die schmerzbedingte Zunahme der Bewegungsarmut, das Einnehmen von Schonhaltungen mit entsprechenden Fehlbelastungen der Gelenke und muskulären Strukturen sowie die Durchführung von nicht indizierten operativen Eingriffen. Oft weichen Betroffene in diesem Zusammenhang auf alternative Behandlungen aus, indem sie beispielsweise CBD kaufen und sich selbst behandeln. Aber auch von Seiten der Schulmedizin wurde in den letzten Jahren aufgerüstet.

Aufgrund der komplexen Problematik entstand in der Vergangenheit zunehmend das Bedürfnis nach einer zusätzlichen Qualifikation zur Betreuung von chronischen Schmerzpatienten. Daher wurde von der Bundesärztekammer in Deutschland die Zusatzbezeichnung „Spezielle Schmerztherapie“ eingeführt. Diese Zusatzqualifikation kann von patientenorientierten Fachärzten erworben werden und setzt eine 80-stündige standardisierte theoretische Weiterbildung sowie die hauptamtliche ganztägige Arbeit in einem Ausbildungszentrum für „Spezielle Schmerztherapie“ für mindestens ein Jahr voraus. Die Zusatzbezeichnung wird dann nach einer mündlichen Prüfung seitens der Landesärztekammer vergeben.

Patienten können somit gezielt nach einem Facharzt mit Zusatzqualifikation im Bereich „Spezielle Schmerztherapie“ suchen und sich hier kompetente Hilfe holen.